5.17 Sind bei der Verarbeitung von Stäuben mit niedriger MZE Maßnahmen zur Zündquellenvermeidung als alleinige Explosionsschutzmaßnahme ausreichend?

Verschiedene Regelwerke, die vor Erscheinen der TRGS 727 verabschiedet und veröffentlicht wurden, enthalten unterschiedliche Antworten auf diese Frage. Einerseits liegen die genannten Grenzwerte für die Mindestzündenergie bei 10 mJ oder bei 3 mJ. Andererseits reicht die Verbindlichkeit für den Einsatz weiterer Explosionsschutz-Maßnahmen von «zu empfehlen» bis hin zu «erforderlich».

Bezüglich der elektrostatischen Zündgefahren werden in der TRGS 727 folgende Maßnahmen zur Zündquellenvermeidung bei der Verarbeitung von Schüttgütern gefordert:

  • Für alle Schüttgüter gilt, dass alle leitfähigen Teile der Anlagen und Einrichtungen zu erden und alle ableitfähigen Teile der Anlagen und Einrichtungen mit Erdkontakt zu versehen sind. Die Verwendung von isolierendem Material ist nur zulässig, wenn dadurch die Erdung der leitfähigen oder ableitfähigen Teile nicht unterbrochen wird. Teile aus isolierendem Material dürfen ebenfalls nicht verwendet werden, wenn stark ladungserzeugende Prozesse auftreten (Gefahr von Gleitstielbüschelentladungen) oder wenn Explosionsgefahr durch brennbare Gase/Dämpfe oder durch hybride Gemische vorhanden ist.

    Werden Schüttgüter mit spezifischem Widerstand ≤ 106 Ωm gehandhabt, dürfen diese grundsätzlich nicht durch isolierende Teile von Erde isoliert werden.

    Wird ein Schüttgut mit spezifischem Widerstand > 1010 Ωm gehandhabt und besteht die Möglichkeit des Auftretens von Schüttkegelentladungen, darf die Äquivalentenergie der Schüttkegelentladungen nicht grösser sein als die MZE des Staubes.

    Beim Auftreten hybrider Gemische müssen zündwirksame Büschelentladungen vermieden werden.
    Hinweis:
    • Büschelentladungen ausgehend vom Schüttgut sind vermieden,
      wenn der spezifische Widerstand des Schüttguts ≤ 108 Ωm ist und das Schüttgut geerdet bzw. mit Erdkontakt versehen ist.
    • Büschelentladungen ausgehend von einer aufgeladenen Staubwolke sind vermieden,
      wenn die elektrische Feldstärke im homogenen Feld 100 kV/m nicht überschreitet.
    • Büschelentladungen ausgehend von Anlagen und Einrichtungen sind vermieden,
      wenn ableitfähige Materialien mit einem Ableitwiderstand RE ≤ 108 Ω oder leitfähige geerdete Materialien eingesetzt werden.

Diese Maßnahmen sind gemäß TRGS 727 auch bei Stäuben mit niedriger MZE geeignet, um Zündgefahren durch elektrostatische Aufladungen zu vermeiden.

Das Explosionsschutzkonzept muss allerdings die Größe und Komplexität der betrachteten Anlage berücksichtigen. Die für den konkreten Anwendungsfall erstellte Gefährdungsbeurteilung kann ergeben, dass es als zielführend angesehen wird, zusätzlich eine Inertisierung oder Phlegmatisierung (Reduktion der Sauerstoffkonzentration auf einen Wert oberhalb der Sauerstoffgrenzkonzentration, bei welchem die für eine Entzündung erforderliche Energie wesentlich höher ist als die MZE) vorzunehmen oder Maßnahmen des konstruktiven Explosionsschutzes zu ergreifen.
Das kann beispielsweise erforderlich sein, wenn die Zuverlässigkeit der Maßnahmen zum Vermeiden gefährlicher elektrostatischer Aufladungen als nicht hinreichend beurteilt wird (z. B. Sicherstellen von Erdverbindungen in Fällen, wo der Potentialausgleich nicht durch die Konstruktion gegeben ist oder hinsichtlich der Möglichkeit von Fehlern bei Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten).