Sicherungsposten beim Befahren von Behältern – eine verantwortungsvolle Tätigkeit

Das Arbeiten in Behältern, Silos und engen Räumen, in den meisten Branchen auch als "Befahren von Behältern" bezeichnet, ist eine der gefährlichsten Tätigkeiten. Hierbei werden normale Produktionsabläufe unterbrochen und es ergeben sich zusätzliche Gefährdungen, bedingt durch die räumliche Enge und die erschwerten Zugangs- und Rettungsbedingungen. Die Gefährdungen werden häufig unterschätzt. Was wir nicht sehen, riechen oder hören, erscheint uns als ungefährlich. Deshalb ereignen sich beim Befahren von Behältern immer noch zahlreiche schwere, oft tödliche Unfälle.

Das Befahren erfordert umfangreiche Vorbereitungen einschließlich organisatorischer Maßnahmen. Die Gefährdungsbeurteilung wird in der Regel beim Ausstellen des Erlaubnisscheines durchgeführt. Ein auf die betrieblichen Belange abgestimmter Erlaubnisschein dient als Checkliste, die es in kompakter Form ermöglicht, alle Gefährdungen zu erfassen und die erforderlichen Maßnahmen festzulegen. Eine zwingende organisatorische Maßnahme ist das Einsetzen eines Sicherungspostens.

Dieser muss wichtige Aufgaben erfüllen. Nachdem er anhand des Erlaubnisscheines über die Befahrsituation unterwiesen wurde, unterstützt er die Mitarbeiter beim Anlegen der notwendigen Schutzausrüstungen, also persönliche Schutzausrüstungen (PSA) zum Retten, ggf. PSA gegen Absturz oder Atemschutz. In vielen Fällen ist es möglich, die PSA zum Retten auch als Zugangsverfahren zu benutzen, dann wird der Posten den (die) Mitarbeiter in den Behälter ablassen, was vor allem bei einfachen senkrechten Einstiegen oder horizontalen Zugängen die Regel sein sollte.

Leider haben sich diese modernen Zugangsverfahren noch nicht überall durchgesetzt. In vielen Fällen erfolgt der Zugang über Leitern, was schon die alten Römer so praktiziert haben. Das Ablassen mittels geeigneter Rettungsgeräte (die ja in den meisten Fällen ohnehin vorgehalten werden müssen!) hat mehrere Vorteile:

  • es ist für den Einfahrenden bequem
  • es besteht keine Absturzgefahr, wie bei der Verwendung von Leitern
  • der richtige Sitz des Gurtes wird bereits vor dem Einfahren festgestellt
  • die Zugangsöffnung wird nicht durch Leitern verengt, was eine Rettung erleichtert
  • ein unbefugtes Einsteigen in den Behälter ist ohne Leiter kaum möglich.

Es versteht sich von selbst, dass der Sicherungsposten die PSA zum Retten incl. der Rettungswinden sicher bedienen kann. Das erfordert eine gründliche Unterweisung und praktische Übungen. Die Übungen müssen unter sachkundiger Anleitung erfolgen. Es handelt sich sowohl bei der PSA zum Retten als auch bei der PSA gegen Absturz um Schutzausrüstungen, die gegen tödliche Gefahren schützen. Fehler bei der Benutzung können schwere Unfälle zur Folge haben, deshalb kommt den praktischen Übungen eine große Bedeutung zu.

Eine weitere wichtige Aufgabe des Sicherungspostens ist die ständige Beobachtung der im Behälter tätigen Personen, um bei evtl. auftretenden Ereignissen Hilfe einleiten zu können. In bestimmten Situationen, z. B. beim Auftreten von Sauerstoffmangel oder akuter Gefahrstoffexposition muss er sofort reagieren. In diesen Fällen muss er in der Lage sein, die Rettung durchzuführen.

Deshalb ist in der DGUV Regel 113-004 festgelegt, dass der Sicherungsposten körperlich und geistig geeignet sein muss. Körperlich geeignet bedeutet, dass er sich in einer körperlichen Verfassung befindet, die es erlaubt, Gefährdungen visuell bzw. akustisch wahrzunehmen, die PSA zum Retten zu bedienen und eine mit dieser PSA aus dem Behälter geretteten Person aus dem unmittelbaren Gefahrenbereich zu transportieren. Falls der Sicherungsposten Atemschutz benutzen muss, ist hierfür eine Untersuchung nach dem Grundsatz G 26 erforderlich.

Der Begriff "geistig geeignet", der auch in einigen anderen Vorschriften und Regeln benutzt wird, ist nicht näher definiert. Für einen Sicherungsposten beim Befahren kann unter geistiger Eignung die Fähigkeit verstanden werden, Gefahren rechtzeitig als solche zu erkennen und zu bewerten. Dies setzt Kenntnisse und Erfahrung voraus.

Eine andere wichtige Voraussetzung ist die charakterliche Eignung und hier vor allem die Zuverlässigkeit. Der Sicherungsposten muss das Behälterinnere sowie das Umfeld ständig beobachten. Dabei darf er sich nicht ablenken lassen. Falls er seinen Beobachtungsplatz verlassen muss, müssen die im Behälter tätigen Personen ihre Arbeiten einstellen und den Behälter verlassen.

In der DGUV Regel 113-004 ist festgelegt, dass der Sicherungsposten ständig Verbindung mit den im Behälter tätigen Personen hält. Dies wird in der Regel durch Sichtverbindung gewährleistet. Besteht diese nicht, kann die Sicherheit auch durch Sprechverbindung bzw. Personen-Notsignal-Anlagen gewährleistet werden. In bestimmten Fällen kann es erforderlich sein, dass mehrere Posten agieren müssen. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn die Rettung auf Grund der örtlichen Gegebenheiten nicht von der Behälteröffnung aus erfolgen kann, sondern in den Behälter eingestiegen werden muss.

Die Ausführungen zeigen, dass an einen Sicherungsposten beim Befahren von Behältern hohe Anforderungen gestellt werden. Die Führungskraft, die einen Sicherungsposten einsetzt, muss sich davon überzeugt haben, dass er diese Voraussetzungen erfüllt. Wird ein Sicherungsposten eingesetzt, der auf Grund seiner Fähigkeiten nicht in der Lage sein kann, diese Tätigkeit sicher und zuverlässig auszuführen, kann die verantwortliche Führungskraft für evtl. Unfälle, die daraus resultieren, haftbar gemacht werden.

Allerdings sind aus den letzten Jahren keine Unfälle bekannt, die auf Fehlhandlungen eines Sicherungspostens zurückzuführen sind. Die zahlreichen und leider oft tödlichen Befahr-Unfälle resultieren meistens aus mangelnder Organisation bzw. Vorbereitung. Der Sicherungsposten muss erst aktiv werden, wenn es beim Arbeiten im Behälter zu einem Ereignis kommt und er Hilfe herbeirufen bzw. die Rettungsmaßnahmen durchführen muss. Die Hauptursachen aller Unfälle sind Sauerstoffmangel als Resultat von schlechter oder nicht vorhandener Lüftung und mangelndem Freimessen und unzureichende Rettungstechnik. Dies sind Fehler, die der Aufsichtsführende und nicht der Posten zu verantworten haben. Deshalb sollte das Hauptaugenmerk vor allem auf die Vorbereitung der Arbeiten und das gewissenhafte Ausfüllen des Erlaubnisscheines gelegt werden.

Rainer Schubert, BG RCI, Präventionsbereich Halle