Verbrennungsunfall durch Umgang mit metallorganischen Verbindungen

Tödliche Verbrennungen in einem Labor

In einem chemischen Laboratorium kam es bei der Umsetzung einer metallorganischen Verbindung mit Lithiumbutyl in Tetrahydrofuran zu einer heftigen Explosion. Dabei erlitt ein Mitarbeiter schwere Verbrennungen. Trotz der Notarztversorgung und der anschließenden Behandlung in einer Spezialklinik für Schwerstbrandverletzte ist der Mitarbeiter nach einigen Tagen an den Folgen der schweren Verbrennungen gestorben.

Als Ursache der Explosion wurde u. a. die Explosion eines Isopropanol-Luft-Gemisches angenommen:
Zur Kühlung der Reaktion, die in einem Schlenkrohr mit einem Volumen von ca. 200 ml Inhalt unter Stickstoff erfolgte, wurde ein Isopropanol-Trockeneis-Gemisch verwendet. Aufgrund der Heftigkeit der Explosion, der Tatsache, dass ein anderer Mitarbeiter ein Gehörtrauma erlitten hatte und die Temperatur der Badflüssigkeit wahrscheinlich unter dem Flammpunkt von Isopropanol lag, scheidet die oben genannte Annahme aus. Die eigentliche Ursache wurde bis heute nicht geklärt.

Wahrscheinlich hätte der Verunglückte keine tödlichen Verbrennungen erlitten, wenn es ihm gelungen wäre, entweder die Körperdusche (Notdusche) oder den Feuerlöscher in Betrieb zu nehmen: In dem Laboratorium befand sich vor der Tür eine Körperdusche. Die Absperrarmatur (Ventil) konnte über einen schräg stehenden Hebel, an dessen Enden sich gleich lange Ketten befanden, betätigt werden. Beim vergeblichen Ziehen an der tiefer hängenden Kette riss diese ab. Als nächstes versuchte der Verunglückte sich mit einem Feuerlöscher zu löschen – ebenfalls ohne Erfolg. Danach rannte der Verunglückte aus dem Laboratorium und konnte erst auf dem Korridor gelöscht werden. Nachträglich stellte sich heraus, dass sowohl die Körperdusche als auch der Feuerlöscher betriebsbereit waren. Im Falle der Körperdusche musste zur Öffnung des Ventils jedoch an der höher hängenden Kette gezogen werden und beim Feuerlöscher der Sicherheitsstift (Splint) durch Ziehen an dem dazugehörigen Ring entsichert werden.

Im Abschnitt 6.6.1 „Körpernotduschen“ der Laborrichtlinien wird u. a. gefordert, dass die Öffnungsrichtung (eines schnell öffnenden Ventils) eindeutig erkennbar sein muss. In dem oben genannten Fall hätte zumindest beim Ziehen an der tiefer hängenden Kette das Ventil öffnen müssen. Noch besser wäre die Anbringung nur einer Kette gewesen, wobei sich Ketten zum Öffnen von Absperrarmaturen nicht bewährt haben, da Ketten bei ruckartigem Ziehen abreißen können. Besser als eine Kette ist z. B. eine Zugstange. Die Anbringung der Kette bzw. der Zugstange über Türen ist ebenfalls nicht im Sinne des oben genannten Abschnittes, da nur große Personen das Ventil dann öffnen können.

Wird zum Öffnen der Absperrarmatur ein Hebel verwendet, so muss spätestens nach einer Drehung des Hebels von 90° die Absperrarmatur voll geöffnet sein (DIN 12 899 Teil 1 „Laboreinrichtungen; Notduschen-Einrichtungen; Körperduschen; Sicherheitstechnische Anforderungen und Prüfungen“).

Darüber hinaus sollen die Körperduschen alle Körperzonen sofort mit ausreichenden Wassermengen überfluten. Bisher waren hierfür 20 l/min gefordert. In Zukunft sind mindestens 30 l/min vorgeschrieben.
Nach der oben genannten DIN wird außerdem gefordert, dass in 1,5 m über dem Fußboden mindesten 50 % der ausgetretenen Wassermenge in einem Kreis mit einem Durchmesser von 20 cm auftreffen. Die insgesamt benetzte Fläche darf in dieser Höhe einen Kreis mit einem Durchmesser von 40 cm nicht überschreiten. Um das Verkalken des Duschkopfes zu verhindern, muss sich dieser nach Benutzung selbsttätig weitestgehend entleeren.

Schließlich darf das Ventil, einmal geöffnet, nicht von selbst schließen.

Darüber hinaus sind Körperduschen mindestens einmal pro Monat daraufhin zu überprüfen, ob sie noch funktionieren. Um die Überprüfung sicherzustellen, ist hierfür – dieses wird in der überarbeiteten Laborrichtlinie gefordert – ein Verantwortlicher zu bestimmen.

Müssen Arbeiten an Leitungen von Körperduschen durchgeführt werden, so darf dies nur nach vorheriger Absprache mit dem Laborleiter erfolgen.

Die im Handel angebotenen „mobilen“ Notduschen sind kein Ersatz für die fest installierten Körperduschen, da die Anforderungen des Abschnitts 6.1 der Laborrichtlinien bzw. der DIN 12899 Teil 1 nicht erfüllt werden. Die mobilen Notduschen können dort eingesetzt werden, wo nur mit geringfügigen Verätzungen zu rechnen ist und kein fließendes Wasser zur Verfügung steht.

Dass es dem Verunglückten nicht gelang, den Feuerlöscher einzusetzen, deutet darauf hin, dass er mit der Handhabung des Feuerlöschers nicht vertraut war. Zum „vertraut“ Machen gehört nicht nur das theoretische Wissen, wie man einen Feuerlöscher in Betrieb nimmt, sondern eine vorausgehende praktische Feuerlöschübung mit den z. B. im Laboratorium zur Verfügung gestellten Feuerlöschern.

Darüber hinaus sollte geprüft werden, ob zur Entsicherung eines Feuerlöschers ein extra Handgriff, wie z. B. das Ziehen des Sicherheitsstiftes, notwendig ist. Vorgeschlagen wurde, den Sicherheitsstift nur so stark auszulegen, dass bei kräftigem Betätigen z. B. des Löschhebels, der Sicherheitsstift bricht und somit den Feuerlöscher „entsichert“.

Die oben genannte chemische Umsetzung wurde auf dem Labortisch neben einem Abzug durchgeführt: Da hierbei neue Verbindungen mit unbekanntem Gefahrenpotential hergestellt wurden, hätte die Reaktion zumindest hinter einer widerstandsfähigen, gegen Umfallen gesicherten Schutzscheibe erfolgen müssen. Noch sicherer ist das Arbeiten im Abzug, sofern der Frontschieber geschlossen ist. Mit geöffnetem Frontschieber darf zukünftig nur mit Zustimmung des Laborleiters gearbeitet werden, da bei geöffnetem Frontschieber der Schadstoffaustritt höher und der Benutzer des Abzuges nicht gegen verspritzende gefährliche Stoffe oder umher fliegende Glassplitter geschützt ist.

Siehe: Sichere Chemiearbeit 6-1992, Seite 70