Erste Hilfe in Zeiten neuer Arbeitsformen

Erste Hilfe ist ein großes Thema im betrieblichen Kontext – sowohl für die Unternehmen als auch für die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung, die laut Siebtem Buch des Sozialgesetzbuchs (SGBVII) für eine wirksame Erste Hilfe zu sorgen haben. In diesem Themenschwerpunkt beleuchten wir daher die verschiedenen Aspekte der Ersten Hilfe.

Verantwortlich für die Organisation der Ersten Hilfe auf betrieblicher Ebene ist der Unternehmer beziehungsweise die Unternehmerin selbst – es ist eine der Grundpflichten des Unternehmers nach §2 der DGUV Vorschrift 1. Weitere Konkretisierungen zum Thema finden sich in der DGUV Regel 100-001 im Abschnitt „Erste Hilfe“ sowie in weiteren Grundsätzen und Informationen zum Thema.

Was sind wesentliche Punkte bei der Organisation der Ersten Hilfe?

  • Einrichtungen und Sachmittel: Hierzu zählen zum Beispiel Möglichkeiten der Alarmierung, Transporthilfsmittel, gegebenenfalls spezielle Rettungsgeräte, Erste-Hilfe-Räume, Erste Hilfe Materialien, gegebenenfalls an den Betrieb angepasst
  • Dokumentation von Erste-Hilfe-Leistungen
  • Erforderliches Personal: Ersthelferinnen und Ersthelfer, gegebenenfalls Betriebssanitäterinnen und -sanitäter

Die Anzahl von ausgebildeten Ersthelfenden im Betrieb ist im §26 der DGUV Vorschrift 1 geregelt. Hiernach ist bei zwei bis 20 anwesenden Versicherten mindestens eine ersthelfende Person erforderlich, bei mehr als 20 Anwesenden fünf Prozent in Verwaltungs- und Handelsbetrieben und zehn Prozent in sonstigen Betrieben.

Mit der Einführung neuer Arbeitsformen wie Gleitzeit, vermehrten Teilzeitbeschäftigungen oder Homeoffice entstehen neue Herausforderungen für Unternehmen und Beschäftigte, um weiterhin eine effiziente und schnelle Erste Hilfe im Betrieb zu gewährleisten. Wichtige Fragen in diesem Zusammenhang sind:

  • Wie kann stets eine ausreichende Anzahl von Ersthelfenden garantiert werden?
  • Kann weiterhin eine schnelle Erste Hilfe garantiert werden?
  • Wann sind wie viele Beschäftigte anwesend?
  • Wie kann eine (angepasste) Alarmierung der Ersthelfenden erfolgen?

Was müssen Betriebe konkret tun?

  • Prüfen Sie, ob es besondere Anwesenheitsverteilungen (Tage / Zeiten mit besonders geringer Anwesenheitsquote oder aber auch Anwesenheitsspitzen) gibt
  • Beachten Sie räumliche Besonderheiten des Betriebs
  • Beachten Sie gegebenenfalls Schichtkonstellationen
  • Prüfen Sie, ob Kooperationen mit direkten Nachbarbetrieben möglich sind
  • Wählen Sie Mitarbeitende strategisch (mit hoher betrieblicher Anwesenheitsquote) für die Rolle als Ersthelferin oder Ersthelfer aus (zum Beispiel Schichtführer und stellvertretende Schichtführer, Mitarbeitende aus dem Facility-Management, Mitarbeitende im Empfangsbereich usw.)

Nach Prüfung der individuellen betrieblichen Situation kann es notwendig sein, die Anzahl der ausgebildeten Ersthelfenden zur Sicherstellung der Versorgung anzupassen. Sorgen Sie für eine gute Übersicht über die Anzahl der anwesenden Ersthelfenden und für eine sichere und schnelle Alarmierungsmöglichkeit. Üben Sie typische Abläufe (Alarmierung, Aufsuchen von Verletzten, gegebenenfalls Bereitstellung von Personen zur Einweisung des Rettungsdienstes usw.) und unterweisen Sie Ihre Mitarbeitenden regelmäßig zum Thema Erste-Hilfe.

Informationen rund ums Thema Erste-Hilfe finden Sie im Fachbereich Erste-Hilfe der DGUV. Hier gibt es auch eine Fachbereich Aktuell (FBEH-001), welche auch das Thema Erste-Hilfe bei flexiblen Arbeitsformen als Thema hat.
Hier zum Fachbereich wechseln 

Bei weiteren Fragen können Sie sich auch gern an die Präventionsabteilung Gesundheit-Medizin-Psychologie der BG RCI unter Praevention-GMP[at]bgrci.de wenden.

Dr. Sven-Eric Heinz, BG RCI
 


Helfen ist Pflicht – und geschützt!

Im Notfall zählt jede Sekunde. Doch wer ist im Betrieb zur Ersten Hilfe verpflichtet? Was, wenn bei der Hilfeleistung etwas passiert? Und wie sieht es mit der Haftung aus? Hier erfahren Sie, welche Regelungen für Ersthelfende gelten – und warum sie sich auf den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung verlassen können.

Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sind laut Arbeitsschutzgesetz (§ 10 ArbSchG) verpflichtet, Maßnahmen für Erste Hilfe, Brandbekämpfung und Evakuierung der Beschäftigten zu treffen. Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) hat diese Pflichten in der DGUV-Vorschrift 1 (§ 24) konkretisiert. Demnach müssen Unternehmende unter anderem dafür sorgen, dass nach einem Unfall sofort Erste Hilfe geleistet und eine ärztliche Versorgung veranlasst wird und dass Verletzte sachkundig transportiert werden.

Was bedeutet das nun für die Beschäftigten der Unternehmen? Denn sie haben nach § 28 der DGUV-Vorschrift 1 die Pflicht, den Unternehmer oder die Unternehmerin bei der Gestaltung der Ersten Hilfe im Betrieb zu unterstützen. Sie müssen sich zum Ersthelfer oder zur Ersthelferin ausbilden und in der Regel in Zeitabständen von zwei Jahren fortbilden lassen. Zudem müssen sie sich nach ihrer Ausbildung für Erste-Hilfe-Leistungen zur Verfügung stellen. Eine Befreiung von dieser Verpflichtung ist nur aus persönlichen Gründen möglich.

Was ist, wenn einem Ersthelfer oder einer Ersthelferin im Rahmen der Hilfeleistung etwas passiert? 
Daran hat der Gesetzgeber gedacht und alle Personen, die bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten, unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestellt. Dieser Schutz umfasst nicht nur die Ersthelfenden, die sich in den Unternehmen hierfür zur Verfügung gestellt haben, sondern alle helfenden Personen. (Not-)Helfende sind also auch abgesichert, wenn sie als Privatperson spontan tätig werden.

Erste Hilfe leisten bedeutet häufig nicht nur, jemanden beim Verbinden einer blutenden Wunde zu unterstützen. Sie kann auch in Gefahrenlagen („gemeiner Gefahr“) notwendig sein, die den Ersthelfer oder der Ersthelferin selbst einer unmittelbaren Gefahr aussetzt. Dabei kann es sich um Unglücksfälle in Betrieben handeln (Brände etc.) oder beispielsweise im Straßenverkehr.

Der sachliche Zusammenhang zwischen Hilfeleistung und Unglücksfall besteht auch, wenn die Handlung darauf abzielt, den Unglücksfall zu verhindern – also wenn die Gefahr unmittelbar bevorsteht. Dies gilt unabhängig davon, ob die helfende Person rechtlich zur Hilfe verpflichtet war oder nicht  (also nicht nur, wenn sie gegebenenfalls auf „unterlassene Hilfeleistung“ verklagt werden könnte).

Wie steht es um den Unfallversicherungsschutz für Ersthelfende oder andere Beschäftigte beim Transport von Verunfallten mit einem Dienst- oder Privat-Kfz? 
Der sachkundige Transport von Verletzten (§ 24 Abs. 3 DGUV 1) kann bei leicht erscheinenden Verletzungen von Unternehmensseite durch ein Taxi oder einen PKW erfolgen.

Ordnet ein Unternehmer einen Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin zur Begleitung beziehungsweise zum Krankentransport eines oder einer Verletzten ab, führt diese Person einen im Rahmen ihres Beschäftigungsverhältnisses erteilten Auftrag aus. Somit besteht für diese Begleit-/Transport-Tätigkeit einschließlich der Rückkehr in den Betrieb Unfallversicherungsschutz.

Welche Ansprüche haben Ersthelfende bei einem Eigenschaden?
Je nach Gegebenheiten kann die Hilfe leistende Person ihre Schadensersatzansprüche (Körperschaden, Sachschaden) nicht nur bei der oder dem Verletzten, sondern auch direkt bei dem zuständigen gesetzlichen Unfallversicherungsträger geltend machen.

Bei einer Erste-Hilfe-Leistung im Betrieb beziehungsweise bei dem Weg zur oder von der Arbeit oder auf Dienstwegen kann sie Entschädigung von dem verletzten Menschen verlangen, dem die Hilfeleistung unmittelbar dient. Die Körperschäden sind über den für diesen zuständigen Unfallversicherungsträger abgedeckt. Sachschäden sind zum Beispiel Schäden an der Kleidung der oder des Ersthelfenden oder an ihrem oder seinem zur Sicherung der Unfallstelle abgestellten Kraftfahrzeug. Die erlittenen Sachschäden können in diesem Fall gegenüber dem verpflichteten Unternehmer geltend machen.

Wird Erste Hilfe in der Freizeit geleistet, besteht Versicherungsschutz über den Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand. In diesen Fällen ist sie beitragsfrei im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung gegen erlittene Personen- und Sachschäden versichert, die ihr bei der Hilfeleistung widerfahren.

Was kann geschehen, wenn mir als Ersthelferin oder Ersthelfer bei der Hilfeleistung Fehler unterlaufen? Kann ich in Haftung genommen werden? 
Zunächst sollte man bedenken, dass das Strafgesetzbuch (§ 323 c StGB) denjenigen mit Strafe bedroht, der bei einem Notfall nicht unverzüglich Hilfe, die erforderlich und nach den Umständen zuzumuten ist, leistet.

Grundsätzlich können Ersthelfende weder zum Schadensersatz für die Beschädigung von Sachen (zum Beispiel der Kleidung von Verunfallten) noch für eine ungewollt zugefügte Körperverletzung (zum Beispiel Rippenbruch bei Herzdruckmassage) haftbar gemacht werden. Nur bei grob fahrlässigem oder vorsätzlichem Handeln, also wenn selbst einfachste Überlegungen im Rahmen der Hilfeleistung nicht angestellt werden oder sogar eine Verletzung oder Schädigung der hilfebedürftigen Person bewusst und gewollt herbeigeführt wird, könnten Schadensersatzforderungen in Betracht kommen.

Bernd Heidner, BG RCI
 


Auch indirekt Betroffene benötigen Hilfe

Unfälle beeinflussen nicht nur körperlich verletzte Personen – auch Augenzeuginnen und Augenzeugen können durch solche Ereignisse zu Schaden kommen. Flankierend zur Ersten Hilfe im Betrieb sollte daher ein System zur „betrieblichen psychologischen Erstbetreuung“ (bpE) für Traumatisierte eingerichtet werden.

Unfall in der Werkstatt: Ein Schlosser verfängt sich mit seinem Ärmel in der Standbohrmaschine. Das Gerät läuft weiter, die sich aufwickelnde Kleidung schnürt dem Mitarbeiter die Luft ab. Kollegen eilen herbei, stellen die Maschine ab und befreien mühsam den Schwerverletzten. Wundversorgung und Reanimation laufen schnell an, die Herzdruckmassage wird fortgesetzt, bis der Rettungsdienst eintrifft. Nach langem Warten und Bangen schließlich die Nachricht aus der Klinik: Der Mann hat überlebt.

Zu den Betroffenen nach solchen Notfallereignissen gehören nicht nur körperlich verletzte Personen, sondern auch – wie in diesem Beispiel die Kollegen – diejenigen, die das Unglück miterlebt und gegebenenfalls sogar Erste Hilfe geleistet haben. Sie können durch das Erlebte eine psychische Verletzung, also eine Traumatisierung, erleiden. Das Trauma kann die Gesundheit langfristig beinträchtigen und unter Umständen sogar zu einer schwerwiegenden Erkrankung, der sogenannten Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS), führen. In voller Ausprägung schränkt die PTBS nicht nur die Lebensqualität, sondern auch die Arbeitsfähigkeit der Erkrankten stark ein.

Betreuung und Behandlung von traumatisierten Beschäftigten
Flankierend zur Ersten Hilfe im Betrieb sollte ein System zur „betrieblichen psychologischen Erstbetreuung“ (bpE) von Traumatisierten eingerichtet werden. Geschulte Erstbetreuende haben gelernt, betroffene Kolleginnen und Kollegen angemessen anzusprechen und sie in der Zeit direkt nach dem Ereignis dabei zu unterstützen, wieder klar denken und sortiert handeln zu können. Für die bpE kann man entweder hauseigenes Personal qualifizieren lassen oder auf psychologische Notfalldienste zurückgreifen, die man im Internet etwa unter dem Suchbegriff „Krisenintervention“ findet.

Die Erstbetreuung ist ein wichtiges Glied in der psychologischen Rettungskette. An die Akutversorgung am Unfallort sollten sich Gespräche mit den traumatisierten Personen in den Tagen nach dem Ereignis anschließen. Wenn Symptome wie Schlafstörungen oder Appetitlosigkeit über mehrere Wochen andauern oder sich sogar verschlimmern, spätestens aber wenn Panikattacken auftreten, bei denen man die Bilder aus der Notfallsituation wieder lebhaft vor Augen hat, sollte professionelle Hilfe in Anspruch genommen werden: Der gesetzlichen Unfallversicherung ist es möglich, eine Traumatherapie zu vermitteln, und sie übernimmt dafür in der Regel auch die Kosten, denn eine im Beruf erlittene Traumatisierung kann als Arbeitsunfall anerkannt werden. Die Berufsgenossenschaft kann allerdings nur dann aktiv werden, wenn ihr der Fall bekannt ist. Für die Meldung von Personen, die im Arbeitskontext einem traumatischen Ereignis ausgesetzt waren, gibt es zwei Möglichkeiten:

Unfallanzeige: Wie bei einer körperlichen Verletzung, so sollte auch bei einer tiefgreifenden psychischen Erschütterung durch ein Notfallereignis bei der Arbeit eine Unfallmeldung erfolgen. Dafür kann das „normale“ Formular des jeweils zuständigen Unfallversicherungsträgers verwendet werden – bei der BG RCI auf der Website zu finden unter „Formulare“.

Formlose Meldung: Wenn ein Arbeitsunfall mit Arbeitsunfähigkeit von mehr als drei Tagen verbunden ist, muss eine Meldung erfolgen. Unabhängig von dieser Regel sollte nach dramatischen Unfällen im Betrieb schnell geschaut werden, wer eine Traumatisierung davongetragen haben könnte, um zeitnah die Versorgung der Betroffenen sicherstellen zu können. Die kurzfristige Meldung von Personen mit Betreuungs- / Behandlungsbedarf kann auch telefonisch oder formlos per E-Mail erfolgen.

Stephan Rohn, BG RCI
 


Ausbildung von Ersthelfenden: Was ist zu beachten?

Selbst im sichersten Betrieb kann es durch Unfälle oder Erkrankungen zu medizinischen Notfällen kommen, bei denen eine schnelle und qualifizierte Erstversorgung notwendig ist, um die Folgen möglichst gering zu halten oder Leben zu retten. Dafür braucht es ausreichend betriebliche Ersthelferinnen und Ersthelfer, die regelmäßig nachgeschult werden, ebenso wie eine gute, sachgerechte Ausstattung.

Die BG RCI übernimmt in der Regel die Lehrgangsgebühren für die Aus- und Fortbildung der erforderlichen Anzahl von Ersthelfenden im Betrieb. Das Procedere hinsichtlich der Kostenübernahme ist sehr einfach gestaltet:
1. Bedarf an Ersthelfenden ermitteln!
2. Interessierte Mitarbeitende als neue Erstheldende gewinnen beziehungsweise bereits ausgebildete Ersthelfende für eine anstehende Nachschulung auswählen
3. Suchen Sie sich eine geeignete ermächtigte Ausbildungsstelle in Ihrer Umgebung. Eine Liste der Ausbildungsstellen mit Suchfunktion finden Sie als Link in unserem Fachwissen-Portal  oder direkt auf der Homepage des Fachbereichs Erste Hilfe der DGUV. 

Hier zum Fachwissen-Portal wechseln
Hier zum Fachbereich Erste Hilfe wechseln

4. Füllen Sie das offizielle Abrechnungsformular aus, das Sie ebenfalls beim Fachbereich finden.

Eine Kostenübernahmeerklärung durch die BG RCI oder die Ausstellung von Gutscheinen ist nicht erforderlich. Übergeben Sie das ausgefüllte Abrechnungsformular spätestens am Lehrgangstag der ermächtigten Ausbildungsstelle. Nach erfolgter Ausbildung rechnet die Ausbildungsstelle die Lehrgangsgebühren direkt mit der BG RCI ab.
Eventuell zwischen Betrieb und Ausbildungsstelle vereinbarte kostenpflichtige Zusatzleistungen (wie zum Beispiel Inhouse-Schulung) werden von der BG RCI nicht übernommen.

Frank Dietz, BG RCI
 


In drei Tagen zur medizinischen Dekontaminationsfachkraft

Ein neues Fortbildungsprogramm in Ludwigshafen und Karlsruhe bildet Angehörige medizinischer Berufe in drei Tagen zu medizinischen Dekontaminationsfachkräften aus. Entwickelt wurde das Kursformat von der BG Klinik Ludwigshafen, der BASF SE sowie dem Fortbildungszentrum Technik und Umwelt des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT). Bisher konnten bereits rund 70 Teilnehmende für den Ernstfall fit gemacht werden.

In dem Kurs erlernen die Teilnehmenden die praktische Durchführung einer Notfallbehandlung sowie die Patienten-Dekontamination in entsprechender persönlicher Schutzausrüstung. Im Fokus stehen Unfälle mit chemischer, biologischer, radiologischer und nuklearer Kontaminationen (CBRN). Der Kurs vermittelt spezifisches Wissen über die im CBRN-Einsatz nötige persönliche Schutzausrüstung, über Messgeräte und Messtechniken, Grundlagen zu CBRN-Gefahrstoffen, Fragen der spezifischen Einsatztaktik bei CBRN-Notfällen und vielem mehr. Neben umfangreichen theoretischen Grundlagen steht das praktische Training der Akutbehandlung und Dekontamination im Fokus.

Drei Organisationen bündeln ihre Fachkompetenz
Mit dem Zusammenschluss für die Fortbildung bündeln die drei beteiligten Partner ihre Expertise in den Bereichen der Dekontamination mit chemischen, biologischen und nuklearen Gefahrstoffen. Die Ausbildung erfolgt im inter-professionellen Team aus allen medizinischen Berufsgruppen. Die Unterrichtseinheiten an den drei Tagen verteilen sich
auf die Standorte der Partner in Karlsruhe und Ludwigshafen, wodurch den Teilnehmenden tiefe Einblicke in die jeweiligen Dekontaminations-Einrichtungen ermöglicht werden.

Anerkannte Fortbildung
Die Ausbildung zur Medizinischen Dekontaminationsfachkraft baut auf grundlegendes medizinisches Wissen auf und setzt Kenntnisse über grundlegende medizinische Maßnahmen voraus. Eine medizinische Vorbildung der Teilnehmenden ist daher zwingend erforderlich. Ärztliche Teilnehmerinnen und Teilnehmer erhalten von der Bezirksärztekammer Pfalz ein Zertifikat mit entsprechenden Fortbildungspunkten.

Weiterhin zählt die Ausbildung zur Medizinischen Dekontaminationsfachkraft als anerkannte Rettungsdienstfortbildung. Nach Abschluss sind die Dekontaminationsfachkräfte dazu befähigt, die Akutbehandlung und die Dekontamination von Verletzten mit CBRN-Kontamination in entsprechender persönlicher Schutzausrüstung durchzuführen. Auch für Führungskräfte von Betriebsfeuerwehren sowie Mitarbeitende in betriebsärztlichen Ambulanzen unserer Mitgliedsbetriebe kann die Teilnahme an dem Lehrgang interessant sein – eine Kostenübernahme seitens der BG RCI ist jedoch leider nicht möglich.

Freie Kurstermine und Anmeldung
Der erste Kurs 2025 fand Anfang Februar statt. Ein weiterer Kurs ist vom 19. bis 21. November 2025 geplant. Hier gibt es noch einige wenige Restplätze. Die Kursgebühr von 1.990 Euro beinhaltet unter anderem die persönliche Schutzausrüstung, die Verpflegung sowie ein gemeinsames Kursdinner. Die Organisation und Kursleitung liegt bei der Stabsstelle für Katastrophenmedizin der BG Klinik Ludwigshafen.

Weitere Informationen zum Kurs gibt es auf der Website der Klinik.
Hier zur Webseite der BG Klinik Ludwigshafen wechseln 
Die Anmeldung ist per E-Mail an veranstaltung[at]bgu-ludwigshafen.de möglich.

Prof. Dr. Michael Kreinest, BG Klinik Ludwigshafen; Dr. Sven-Eric Heinz, BG RCI
 


Grubenrettungswehren – Erweiterte Erste Hilfe

Bergwerksunternehmen unterhalten auf Grundlage des Bergrechts Grubenwehren, um in Notfällen die medizinische Versorgung und den Transport von Verletzten zu gewährleisten. Durch den Wandel im deutschen Bergbau ist aber eine optimale medizinische Erstversorgung nicht immer möglich.. Ein neues Kurskonzept soll nun dafür sorgen, dass im Ernstfall weiterhin schnelle Hilfe gewährleistet ist.

Im Bundesberggesetz ist festgelegt, dass Unternehmen unter Bergrecht dafür sorgen müssen, dass entsprechend der Art und Größe des Betriebs sowie der Art der Tätigkeiten eine Erste Hilfe, eine medizinische Notversorgung und ein Transport Verletzter gewährleistet sind.  Zur Erfüllung dieser und weiterer Pflichten werden spezielle Einsatzkräfte (Gruben-wehren) für den untertägigen Bergbau qualifiziert.

Die Ausbildung von Grubenwehrkräften erfolgt an den Hauptstellen für das Grubenrettungswesen, die in die Präventionsabteilung Notfallmanagement der BG RCI integriert sind. Dabei werden sie speziell für Einsätze unter Tage geschult – etwa für Rettungen aus instabilen Grubenbauen oder aus Bereichen, die nur mit schwerem Atemschutz zugänglich sind. Solche Orte kann der betriebliche oder öffentliche Rettungsdienst oft nicht erreichen.

Bislang war die Qualifizierung der Grubenwehrmitglieder zur Versorgung verletzter Personen in allen Grubenbetrieben hinreichend. Eine schnelle Notversorgung und Stabilisierung einer verletzten Person für den Transport zum Schacht bis zur Übergabe an einen Notarzt ist nach wie vor in vielen untertägigen Betrieben möglich.

Doch der deutsche Bergbau hat sich stark gewandelt: Es gibt inzwischen viele kleine Betriebe ohne eigene Grubenwehr, Bergwerke mit größeren Grubengebäuden (untertägiges Streckennetz) und für den untertägigen Einsatz vor Ort nicht mehr verfügbare Betriebsärztinnen und -ärzte sowie Werkssanitäterinnen und -sanitäter.

Eine Analyse vergangener Einsätze hat gezeigt: Bei der medizinischen Laienrettung überschreitet die Zeit bis zur Übergabe eines Patienten oder einer Patientin an einen Notarzt häufig die gesetzliche Hilfsfrist. Die Ausbildung als betrieblicher Ersthelfer oder betriebliche Ersthelferin reicht in vielen Fällen nicht aus, um schwere Verletzungen unter Tage adäquat zu versorgen.

Frank Reuter, Leiter des Grubenbetriebs und der Grubenwehr auf dem Forschungs- und Lehrbergwerk der TU Bergakademie Freiberg, hat 2020 gemeinsam mit Dr. Andreas Fichtner, seinerzeit  Leiter der Notfallaufnahme im Kreiskrankenhaus Freiberg, ein neues Rettungs- und Kurskonzept entwickelt: Tactical Medical Mining Rescue (TMR). Es basiert auf bewährten Methoden aus der Militär-, Polizei- und Alpinmedizin und wurde speziell an die Herausforderungen im Bergbau angepasst.

Der Bezug zu den militärischen und polizeilichen Konzepten ist begründet mit den ähnlichen Rahmenbedingungen in Hochrisikobereichen: begrenzte Material- und Personalressourcen, komplexe Traumata, lange Transportwegen sowie fehlender Erstsichtung durch einen Arzt oder eine Ärztin.

Ziel ist es, dass Mitglieder einer Grubenwehr ohne vorherige notfallmedizinische Ausbildung in einem zweitätigen Kurs ein mit dem Versorgungsstandard des Rettungsdienstes vergleichbares praktisches Kompetenzniveau und -spektrum zur Notfallrettung unter Tage erreichen.  Dafür wurde ein standardisiertes Rettungsschema mit einem modifizierten cABCDE-Algorithmus entwickelt. Dabei handelt es sich um einen einfachen Wenn-Dann-Algorithmus, der die wichtigsten lebensrettenden Maßnahmen vorgibt. Ziel ist es, den Zustand des Patienten oder der Patientin zu stabilisieren und eine sichere Rettung bis zur Übergabe an einen Notarzt oder eine Notärztin zu gewährleisten.

Die Ersthelferinnen und Ersthelfer lernen unter anderem:

1. Einschätzung akuter vitaler Gefährdung
2. Blutungsstillung
3. Atmungs- und Kreislaufstabilisierung
4. Schmerztherapie
5. raumumluftunabhängige Atemunterstützung und ggf. Beatmung
6. Wärmerhalt
7. Transportlagerung mit fixiertem Equipment
8. Möglichkeit der Schleif- und Senkrechtrettung

Die für den Einsatz unter Tage entwickelte Ausrüstung erfüllt spezielle Anforderungen: Sie ist kompakt, widerstandsfähig gegenüber Feuchtigkeit und Schmutz, auch bei schlechter Sicht bedienbar und transportgerecht verstaubar.

Mehrere Grubenwehren aus dem Mitgliedsbetrieben der BG RCI haben das neue Ausbildungskonzept bereits erfolgreich absolviert. Es folgt einer bewährten Schulungsmethodik und wurde in sieben Kompetenzbereiche untergliedert. Eine ähnliche Ausbildung namens EMSiG (Erweiterte Maßnahmen für Sanitäter im Grubenrettungswesen) wurde vom Unfallkrankenhaus Berlin entwickelt und wird derzeit in einem Mitgliedsbetrieb aus der Branche Bergbau angewendet. Im Unterschied zu TMR setzt EMSiG jedoch eine medizinische Grundausbildung voraus. Der Handlungsalgorithmus und die Ausrüstung unterscheiden sich nur geringfügig vom TMR-Konzept.

Das TMR-Konzept wurde bereits erfolgreich in einem Ernstfall in einem Bergbaubetrieb angewendet: Ein Grubenwehrteam konnte eine schwer verletzte Person so stabilisieren, dass ein sicherer und schmerzfreier Transport bis zur Übergabe an einen Notarzt möglich war. Der Notarzt bestätigte, dass der Patient sehr gut versorgt worden sei.

Beide Konzepte zur erweiterten Ersten Hilfe sind nicht nur für den Bergbau geeignet, sondern können auch in übertägigen Betrieben eingesetzt werden, wenn eine schnelle Rettung durch den öffentlichen Rettungsdienst nicht sichergestellt werden kann.

Roman Preißler, BG RCI