Die Gefahrstoff­verordnung im Labor

Anwendungshinweise zu Maßnahmen, Messungen und Substitution

Die aus vielen Jahren vorliegenden Erfahrungen zeigen, dass in Laboratorien nicht mit einer Überschreitung von Grenzwerten gerechnet werden muss, wenn in diesen nach den Vorschriften und den Regeln der Technik gearbeitet wird. Insbesondere sind hier die Richtlinien für Laboratorien, jetzt „Sicheres Arbeiten in Laboratorien“ (DGUV Information 213-850, zuvor BGI/GUV-I 850-0, BGR 120, ZH 1/119, auch als TRGS 526) von Bedeutung. Insofern sind für Laboratorien in der Regel keine zusätzlichen technischen Maßnahmen erforderlich.

Bezüglich der Messverpflichtung von Luftgrenzwerten kann für Laboratorien die Interpretation der Gefahrstoffverordnung des LASI-Leitfadens LV 45 Leitlinien zur Gefahrstoffverordnung (Punkt G 4.5) herangezogen werden. Demnach sind Messungen nicht erforderlich, wenn diese tatsächlich objektiv keine Aussagekraft besitzen. Das ist im Labor in der Regel der Fall, wenn nach den Regeln der Technik, insbesondere nach den Richtlinien für Laboratorien, und der TRGS 526 „Laboratorien“ und selbstverständlich nach der Gefahrstoff­verordnung gearbeitet wird. Hier ergeben Messungen in aller Regel, dass die Ergebnisse unterhalb der analytischen Bestimmungs­grenzen der validierten Messverfahren liegen. Meist sind die analytischen Bestimmungs­grenzen sehr weit unterschritten. Dies kann nicht vorausgesetzt werden, wenn nicht nach den Regeln der Technik gearbeitet wird. Beispielsweise muss bei offenstehenden Frontschiebern von Abzügen sehr wohl damit gerechnet werden, dass Gase, Dämpfe, Stäube und Aerosole hier austreten. Hierbei kann es je nach Art und Dauer der Tätigkeit durchaus auch zur Überschreitung von Arbeitsplatz­grenzwerten (sowohl die Spitzenwerte als auch die Schicht­mittelwerte) kommen. In solchen Fällen ist eine Messung erforderlich oder ersatzweise eine Analogiebetrachtung durchzuführen.

Auch für Tätigkeiten in Laboratorien gilt die Verpflichtung der Gefahrstoff­verordnung, die Substitution von Gefahrstoffen oder deren Arbeitsverfahren durch weniger gefährliche Stoffe oder Verfahren zu prüfen. In Laboratorien sind im Wesentlichen zwei Fälle zu unterscheiden.

Im Fall der Forschung ist die Arbeit auf Erkenntnisgewinn ausgerichtet, neue Stoffe sollen hergestellt und charakterisiert werden, Daten sollen gewonnen werden. Hier wird es in der größeren Zahl der Fälle nicht möglich sein, die Gefahrstoffe zu substituieren, insbesondere wenn diese als Reaktanden benötigt werden oder als Hilfsstoffe (Lösemittel als Reaktionsmedium) einen nicht ohne größeren Aufwand zu ermittelnden Einfluss auf eine Reaktion erwarten lassen. Bei Literatur­präparaten wird man es dem Anwender nicht zumuten können, für eine einmalig durchzuführende Reaktion erst alle möglichen Einflüsse alternativ denkbarer Lösemittel experimentell zu ermitteln. Wird dies zu einer dauerhaft erforderlichen Reaktion (ständiger Nachschub an einem Ausgangsstoff), kann dies allerdings sinnvoll sein. Hilfsstoffe, die keinen nennenswerten Einfluss erwarten lassen, müssen substituiert werden. So ist es nicht zulässig, Wasser aus einer Reaktion auf die klassische Art mit Benzol auszuschleppen, wenn dies mit Cyclohexan oder Toluol auch machbar ist oder aus Benzol umzukristallisieren, wenn solche Lösemittel dies ebenso zulassen.

Im Fall routinemäßiger Analytik ist zu prüfen, ob Standards nicht in einer nicht-kennzeichnungs­pflichtigen Form (Verdünnung bis unter die Kennzeichnungs­grenze) eingesetzt werden können oder ob analytische Verfahren nicht andere Reagenzien und Hilfsstoffe zulassen. Dies ist insbesondere bei der Entwicklung neuer Verfahren frühzeitig zu berücksichtigen. So lässt sich das krebserzeugende Pararosanilin zur photometrischen Bestimmung von Formaldehyd durch ein auch mit besseren analytischen Parametern verbundenes HPLC-Verfahren ersetzen.

In anwendungs­technisch arbeitenden Laboratorien oder solchen zur Produkt­entwicklung sollte frühzeitig daran gedacht werden, die Substitution von Stoffen zu prüfen. Die Entwicklung von Produkten, die wegen eines negativ zu bewertenden Gefahrstoffinhalts nicht auf dem Markt platziert werden können, ist nicht sinnvoll.

Arbeiten in geschlossenen Systemen können im Labor auf verschiedene Weise realisiert werden. Befindet sich eine Apparatur, die zur Durchführung der Arbeiten möglichst wenig geöffnet werden muss, in einem Abzug (nach DIN EN 14175 oder DIN 12294, regelmäßig auf Wirksamkeit geprüft, Frontschieber soweit wie möglich geschlossen zu halten), so kann dies als geschlossene Apparatur im Labor angesehen werden. In manchen Fällen ist es auch möglich, in vollständig geschlossenen Systemen zu arbeiten (beispielsweise durch Kryopumpverfahren in einer Vakuumapparatur, sofern die Substanzen einen zumindest geringen Dampfdruck besitzen).

Hinweise zur Substitution enthält die TRGS 600 „Substitution“, zur Gefährdungs­beurteilung die TRGS 400 „Gefährdungsbeurteilung für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen“, allgemeine Grundlagen enthält die TRGS 500 „Schutzmaßnahmen“.