Aufladung von Ethylacetat

Die beobachtete Unfallhäufung bei gewissen Lösemitteln (z. B. Ethylacetat, Isopropylacetat, t-Butylacetat, sowie evtl. auch Ether und höhere Ketone) schien auf eine erhöhte Aufladbarkeit und dadurch eine erhöhte Gefahr zündwirksamer Entladungen beim Umgang mit diesen Flüssigkeiten hinzudeuten.

Diese Annahme widerspricht der bisherigen Überlegung, die Gefährdung durch elektrostatische Aufladung ausschließlich mit der (mangelnden) Leitfähigkeit zu korrelieren, wonach zu erwarten wäre, dass beim Rühren der oben genannten Flüssigkeiten, die eine hohe oder mittlere Leitfähigkeit besitzen, eine geringere Aufladung erfolgt als bei anderen Lösemitteln mit geringerer Leitfähigkeit.

Zielstellung des Projekts war es, zu ermitteln, ob die unterstellte leichte Aufladbarkeit vorliegt und ggf. welche Parameter dafür verantwortlich sind. Ein Zusammenhang zwischen Lösemittelstruktur und Leichtigkeit der Aufladung wäre ein möglicher Ansatzpunkt für Gegenmaßnahmen.

Die erste Vermutung, dass das elektrisch leitfähige Ethylacetat beim Anlegen höherer Spannungen aufgrund der Keto-Enol-Tautomerie zu einer isolierenden Flüssigkeit konvertiert und sich deshalb höher elektrostatisch auflädt, als aufgrund seiner bei 100 V gemessenen Leitfähigkeit zu erwarten ist, konnte nicht bestätigt werden. Im Einklang damit konnten bei den durchgeführten Strömungs-, Sprüh- und Pumpversuchen beim Ethylacetat unabhängig von dessen Reinheit keine herausragende elektrostatische Aufladbarkeit im Vergleich zu anderen Flüssigkeiten nachgewiesen werden. Die durchgeführten Aufladeversuche belegen, dass sich Ethylacetat nur unwesentlich höher elektrostatisch auflädt als Aceton. Dies kann durch seine geringere elektrische Leitfähigkeit und dadurch bedingt einen geringeren inneren elektrischen Kurzschluss plausibel erklärt werden. Die Unterschiede sind jedoch nicht so bedeutend, dass die beobachtete Unfallhäufung im Vergleich zu Aceton erklärt werden kann.

Da keine erhöhte Aufladbarkeit nachgewiesen werden konnte, muss die hohe Unfallbeteiligung von Toluol, Ethylacetat, t-Butylacetat und n-Propylacetat bei ihrer Handhabung dadurch bedingt sein, dass sie bei den üblichen Verfahrenstemperaturen das bestentzündliche Gemisch oberhalb ihrer Flüssigkeitsphase produzieren. Nur ganz wenige weitere Flüssigkeiten, die nur selten gehandhabt werden, haben die gleiche Eigenschaft. Im Gegensatz hierzu liegen Aceton und Benzin bei Raumtemperatur im nicht entzündbaren Bereich oberhalb der oberen Explosionsgrenze, und andere Lösemittel wie Ethanol (Flammpunkt 12 °C) befinden sich nicht im bestentzündlichen Bereich. Die Chance ist daher sehr gering, dass unter diesen Bedingungen ein kleiner Funken zu einer Zündung führt.

Parallel wurde in einem weiteren Forschungsvorhaben untersucht, wieweit bei kleinen Behältern eine ausreichende Ableitung der Aufladung über einen  geerdeten leitfähigen Rührer und den geerdeten Behälter erfolgt.

Den vollständigen Bericht finden Sie hier: