3.2 Welche Anforderungen sind an elektrische Schutzmaßnahmen für Elektromotoren zu stellen?

Zur Beurteilung des thermischen Überlastungsschutzes von Elektromotoren (siehe auch Frage 2.5) ist der Abschnitt 11 der DIN EN 60079-14 „Explosionsgefährdete Bereiche - Teil 14: Projektierung, Auswahl und Errichtung elektrischer Anlagen" zu berücksichtigen.

Die stromabhängige, zeitverzögerte Schutzeinrichtung (z. B. Motorschutzrelais mit Bimetallauslöser, elektronische Motorschutzschalter mit thermischem Gedächtnis mit oder ohne Kommunikationsschnittstelle) für die Überwachung aller drei Phasen darf nicht höher eingestellt sein als auf den Bemessungsstrom (Nennstrom IN) des Motors. Sie muss bei 1,2-fachem Einstellstrom innerhalb von 2 Stunden ansprechen. Bei 1,05-fachem Einstellstrom darf sie dagegen innerhalb von 2 Stunden noch nicht ansprechen. Durch diese Schutzmaßnahmen wird sichergestellt, dass der Motor im Dauerbetrieb keine unzulässig hohe Temperatur annimmt.

Diese Kennwerte sind automatisch eingehalten, wenn der Motorschutzschalter mit Bimetallauslöser oder elektronische Motorschutzschalter

  • der Normen zu Niederspannungsschaltgeräten DIN EN 60947-4-1, DIN EN 60947-4-2 und DIN EN 60947-2 entsprechen, und
  • die Prüfung der funktionalen Sicherheit nach DIN EN 50495 (Basis Normenreihe DIN EN 61508, Normenreihe DIN EN ISO 13849 oder DIN EN 62061) bestehen.

Die Motorenschutzschalter befinden sich grundsätzlich außerhalb des explosionsgefährdeten Bereiches. Bei Verwendung in den explosionsgefährdeten Bereichen müssen diese der erforderlichen Zündschutzart entsprechen.

Bei Motoren der Zündschutzart Erhöhte Sicherheit „e“ muss der Motorschutz neben dem zuvor beschriebenen Dauerbetrieb auch den „festgebremsten Läufer“ abdecken, da es hierbei zu einer schnellen Erwärmung der Wicklungen kommt.

Im Rahmen der Typprüfung durch eine Konformitätsbewertungsstelle wird ermittelt, nach welcher Zeit der Schutzschalter ansprechen muss, um in den Wicklungen und dem Rotor unterhalb der Zündtemperatur des explosionsfähigen Gemisches bzw. den Grenztemperaturen der Isolationsmaterialien zu bleiben. Die so ermittelte Erwärmungszeit tE wird, abgestuft für die Temperaturklassen T1/T2/T3/T4 (d. h. abgestuft für Zündtemperaturen von 450/300/200/135 °C), in der EG-Baumusterprüfbescheinigung angegeben. Auf dem Leistungsschild des Motors wird nur das im Einzelfall benötigte Wertepaar von T und tE angegeben. Der Errichter muss einen Schutzschalter auswählen, dessen Kennlinie diese Abschaltbedingungen erfüllt.

Die Überprüfung erfolgt im Rahmen der Baumusterprüfung.  Die Ergebnisse werden im Datenblatt zu der jeweiligen elektrischen Auslegung festgelegt. Der Hersteller muss über ein QS-System nach DIN EN ISO 80079-34 sicherstellen, dass alle später ausgelieferten Motoren technisch dem geprüften Baumuster entsprechen. Gemäß der Norm DIN EN 60079-14, Abschnitt 11.3.1, muss die Auslösekennlinie bzw. müssen die Auslösekennlinien (drei- oder zweipolig) der eingesetzten Schutzeinrichtung "beim Betreiber verfügbar sein" - in der Regel als Papierdokumentation in Form einer Betriebsanleitung oder als Handbuch.

Abbildung 6 zeigt ein Beispiel für die Auswahl des Überlastungsschutzes:

Auf dem Leistungsschild des Motors sind die für eine Anpassung der Schutzeinrichtung relevanten Werte angegeben:

Erwärmungszeit tE = 12 s
Anzugsstromverhältnis IA/IN = 8,1
Bemessungsstrom IN = 11,9 A

Die folgende Abbildung 7 zeigt einen Vergleich dieser Werte mit der vor Ort verfügbaren Auslösekennlinie des vorgesehenen Bimetall-Schutzschalters.

MR – Auslösekennlinie in vereinfachter Darstellung
I / IE – Strom in Relation zum Einstellwert des MR (hier 8,1)
t – Auslösezeit
tE Soll – Zulässiger Höchstwert der Erwärmungszeit (hier 12 s)
tE Ist – Von der Auslösekennlinie ablesbare Zeit (hier 4,2 s) bei IA/IN = I / IE

Voraussetzung ist, dass der Schutzschalter korrekt auf den Bemessungsstrom des Motors (hier laut Leistungsschild 11,9 A) eingestellt ist – also IE = IN.

Bei festgebremstem Läufer fließt der Anzugsstrom in Höhe von 8,1-fachem Bemessungsstrom.

Bei IA/IN = I / IE = 8,1 ist eine Auslösezeit „t Ist“ von 4,2 Sekunden ablesbar – also deutlich kürzer als der zulässige Höchstwert von „tE Soll“ = 12 Sekunden.

Solche Auslösekennlinien gelten für den kalten Zustand und 20 °C Umgebungstemperatur.

Im betriebswarmen Zustand reduzieren sich die Auslösezeiten bei allpoliger Belastung im Vergleich zu den Auslösezeiten aus dem "kalten Zustand (ohne Vorbelastung)" mit Tendenz zur sicheren Seite.