Instandhaltung

Instandhaltungsarbeiten zählen zu den gefährlichsten betrieblichen Tätigkeiten und zeichnen ein überdurchschnittliches Unfallgeschehen. Die Anzahl der schweren und tödlichen Unfälle ist dabei besonders hoch. 

Die Aufsicht und Beratung der BG RCI wird in 2023 und 2024 die Schwerpunktaktion „Instandhaltung“ durchführen, um in den Mitgliedsbetrieben ein Problembewusstsein für die sichere Durchführung von Instandhaltungsarbeiten zu schaffen.

Im Fachwissen-Portal der BG RCI erklären Ihnen unsere Expertinnen und Experten im Detail, was aus Ihrer Sicht alles zu berücksichtigen ist. Lassen Sie sich inspirieren durch unser breites Informationsangebot!


Instandhaltung – sicher und erfolgreich

Instandhaltung ist gemäß DIN 31051:2012-09 „Grundlagen der Instandhaltung“ die Kombination aller technischen und administrativen Maßnahmen sowie Maßnahmen des Managements während des Lebenszyklus eines Objekts, die dem Erhalt oder der Wiederherstellung ihres funktionsfähigen Zustands dient, sodass es die geforderte Funktion erfüllen kann. Instandhaltungsmaßnahmen können Wartung, Inspektion und Instandsetzung sein.

Sowohl geplante Instandhaltung als auch nicht geplante Instandhaltung gehen mit einem hohen Risiko einher: Die Auswertung der Unfälle des Jahres 2020 zeigte, dass zwei Drittel der schweren Unfälle bei Instandhaltungsarbeiten geschahen. Dies ist keine neue Erkenntnis. Die Unfallquote der Instandhaltenden ist lauf DGUV Information 209-015 „Instandhaltung – sicher und praxisgerecht durchführen“ 10 bis 20mal höher, als bei Fertigungspersonal. Die Präventionskultur im Unternehmen und das Verhalten der Beschäftigten sind hierbei von entscheidender Bedeutung.

Besondere Gefährdungen ergeben sich bei der Instandhaltung hoch automatisierter Anlagen. Eingriffe durch Menschen geschehen vorrangig nach Störung zur Reparatur (oft unvorbereitetes, ungeplantes Eingreifen) oder der Instandhaltung von Maschinen (in der Regel geplant). Hierbei kommen Gefahrquelle und Mensch zusammen. Dies führt zu hohen Gefährdungen.

Diesen Gefährdungen begegnen erfahrene Instandhaltende mit guter Vorbereitung. Vieles muß hierbei vorausgeplant werden. Wir haben für Sie, Ihre Instandhaltenden und weitere Beteiligte eine Präsentation zum Einstieg in die Planungsphase erstellt. Diese finden Sie in der Rubrik Medien.


Planung einer Großrevision in einer Gasaufbereitung

Der störungsfreie Betrieb technischer Anlagen setzt die regelmäßige Durchführung von Instandhaltungsmaßnahmen voraus. Wir haben mit Jörg Beyer, der leitenden Fachkraft für Arbeitssicherheit  der ExxonMobil Production Deutschland GmbH (EMPG), darüber gesprochen, welche Arbeitsschritte für die Großrevision der Gasaufbereitung des Unternehmens in Großenkneten im vergangenen Jahr geplant und durchgeführt wurden.

Bei der EMPG gibt es einen eigenen Stab, die Shutdown-Planer, der die Instandhaltungsarbeiten vorbereitet. Er besteht aus fünf bis sieben erfahrenen Beschäftigten. Sie stimmen sich in regelmäßigen Abständen bereits weit im Vorfeld ab (1 Jahr vor den eigentlichen Arbeiten bereits im wöchentlichen Rhythmus). Das Thema „Sicherheit“ steht dabei immer als oberster Punkt auf der Tagesordnung. 

Als Planungs-Werkzeug steht ihnen eine spezielle Projektsoftware zur Verfügung. Diese dient zum Aufstellen und Verwalten der unzähligen Zeit- und Arbeitspläne. Im Bereich der Freischalt- sowie Freigabeprozeduren gibt es weiterhin eine spezielle Software, die das Arbeitsgenehmigungsverfahren umsetzt.

Die Planung jedes Shutdown beginnt üblicherweise mit dem Abschluß des vorherigen Revisionszyklus. Die hier gewonnen Erkenntnisse über den Zustand der Anlage sowie mögliche Verbesserungen in Arbeitsplanung und Durchführung fließen in die Planung der neuerlichen Revision ein.
 
Wo in früheren Zeiten die Anlagen noch weitgehend komplett zerlegt und instandgesetzt wurden, werden heute mehr und mehr der spezifischen Anforderungen an das jeweilige Bauteil und der  aktuelle technische Zustand berücksichtigt. Dazu sind von EMPG für die jeweiligen Anlagenteile/ Geräte Wartungsstrategien zur Erhaltung der Integrität entwickelt worden. Zusätzlich werden der Lebenszyklus und der Abnutzungsgrad der einzelnen Anlagenteile bewertet und anschließend ermittelt, in welchem Umfang Revisionsarbeiten der einzelnen Komponenten angezeigt sind. Dies spart Zeit und Kosten.

Zur Durchführung einer Großrevision wird neben einer Vielzahl eigener Fachkräfte auch eine Vielzahl an Fremdfirmen (Auftragnehmern) benötigt, die jeweils spezielle Arbeitsschritte übernehmen können. Dies können Gerüstbauer, Kranfirmen, Montagefirmen, Reinigungsunternehmen, Elektro- oder Meß- und Reglungstechniker sein. Alle haben spezielle Kenntnisse und Fähigkeiten. Ihr Einsatz wird von den Shutdown- Planern koordiniert. 

Während der Durchführung werden täglich die Arbeitseinsätze und der Revisionsfortschritt mit eventuellen „Show-Stoppern“  besprochen. In diesen Shutdown- Meetings werden zum Beispiel anstehende kritische Arbeitsschritte besprochen. So wird beispielsweise bei umfangreichen Kraneinsätzen im Vorfeld eine Kranstudie erstellt und die Umsetzung abgestimmt. Hierbei werden unter anderem Fahr- und Rettungswege, die Aufstellplätze und Lagerflächen für ausgebaute Anlagenteile und Austauschteile sowie gesperrte Anlagenbereiche für andere Arbeitsteams festgelegt. Es müssen tragfähige und ausreichend große Lagerflächen hergerichtet werden. Für kritische Arbeiten werden dabei sogar teilweise redundante Kranbesetzungen eingeplant, damit der Job nicht abgebrochen werden muss.

Für jeden Arbeitsauftrag werden Arbeitspläne erstellt. Über das EDV System des Arbeitsgenehmigungsverfahrens werden die einzelnen Aufträge gesteuert. Die Arbeitsgenehmigung beinhaltet notwendige Arbeitsanweisungen, eine spezifischen Gefährdungsbeurteilungen, relevante Sicherheitschecklisten oder auch besondere Hinweise wie beispielsweise Gefahrstoffbetriebsanweisungen. Die Inhalte wurden dabei durch den Vorarbeiter der Arbeitsgruppe mit erstellt. Ein wesentlicher Aspekt des Arbeitsgenehmigungsverfahrens ist auch, sich gegenseitig beeinträchtigende Tätigkeiten zu identifizieren und entsprechende mitigierende Maßnahmen festzulegen. 

Da sich Arbeiten wiederholen, bietet das Programm eine Vorlage der Dokumente der letzten vergleichbaren Aufträge, in dem kontinuierlich Verbesserungen berücksichtigt wurden. Damit steht für die Arbeitsteams ein komplettes Paket für die sichere Arbeitsdurchführung zur Verfügung. 

Auch die Beschäftigten der Kontraktoren müssen über die besonderen Gefährdungen der Anlage, wie zum Beispiel enthaltende Gefahrstoffe informiert sein. Daher stehen im „Gasschutztraining“ Unterweisungsmöglichkeiten in 20 verschiedenen Sprachen zur Verfügung (CBT).   

Arbeitsschritte, die in besonderem Maße sicherheitsrelevant sind, werden von EMPG-Beschäftigten übernommen oder besonders delegiert. Hierzu zählen z. B. die Energiefreischaltungen mit der Demonstration der tatsächlichen Energiefreiheit an die Arbeitsteams, das Herstellen der Gefahrstofffreiheit oder das Freimessen von gefährlichen Stoffen bzw explosionsfähigen Gasen. Bevor die entsprechenden Anlagen an die jeweiligen Auftragnehmer für Arbeiten übergeben werden, stellt EMPG den sicheren Zustand der Anlagen her.

Sofern Gerüste den sicheren Zugang zu Arbeitsstellen ermöglichen müssen, richtet der Gerüstbauer diese auf und stellt die Gerüstfreigabe aus. Jeder Nutzende des Gerüsts hat eine befähigte Person zu stellen, die die Gerüste vor der jeweiligen Nutzung kontrolliert.

Behälterprüfungen werden vom TÜV durchgeführt. Sobald die instandgesetzten Anlagenteile wieder montiert sind, kontrollieren die jeweiligen Auftragnehmer die korrekte Ausführung der Arbeiten z. B. die Herstellung der Flanschverbindungen und die Funktion der Sicherheitseinrichtungen und übergeben die Protokolle der Kontrollen an EMPG.

Nach Fertigmeldung der Arbeiten wird die Anlage wieder der Produktion übergeben. Das eigentliche Anfahren der Anlage erfolgt dann durch EMPG. 

Nach Abschuß der Revision findet die Auswertung der bei den Arbeiten erzielten Ergebnisse und der gewonnenen Erkenntnisse statt (lessons learned). Dies dient der Verbesserung der Prozesse und der Planung der nächsten Revisionszyklen. Nach der Revision ist vor der Revision.


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