C 4.5 Biogefährdung

Unter Biogefährdung versteht man die Gefährdung durch biologische Arbeitsstoffe. Biologische Arbeitsstoffe sind im weitesten Sinne Mikroorganismen, z. B. Pilze, Bakterien und Viren. Gemäß Biostoffverordnung werden die Stoffe mit steigendem Infektions­risiko in vier Risikogruppen eingestuft.

Die beim Baustoffrecycling durchzuführenden Tätigkeiten sind „nicht gezielte Tätigkeiten“ i. S. der Biostoffverordnung (BioStoffV), weil Beschäftigte mit unbekannten biologischen Arbeitsstoffen, die am Baustoff anhaften, unbeabsichtigt in Kontakt treten können. Die Tätigkeiten sind also nicht auf den Biostoff ausgerichtet.

Je nach zu verarbeitenden Materialien, der Art und der Dauer der Zwischenlagerung bis zur Aufbereitung und jahreszeitlichen Einflüssen findet man hier unterschiedliche biologische Arbeitsstoffe. Die auftretenden Mikroorganismen sind in der Regel der Risikogruppe 2 zuzuordnen. Allerdings können durch benutzte Spritzen und Kanülen, Nagetiere, Vögel oder andere Tiere und durch deren Exkremente biologische Arbeitsstoffe der Risikogruppe 3 eingetragen werden. Das Vorhandensein von biologischen Arbeitsstoffen der Risikogruppe 3 ist ein zeitweiliges Ereignis.

Darüber hinaus sind sensibilisierende oder toxische Wirkungen von biologischen Arbeitsstoffen (z. B. durch bestimmte Bakterien, Schimmelpilze) möglich, diese sind risikogruppenunabhängig.

Aufnahmewege 1

  • Einatmen
  • Verschlucken, u. a. von Staub, Aerosolen und Anhaftungen
  • Aufnahme über die Haut, besonders bei kleinen Wunden

Betroffene Tätigkeiten

  • manuelle Vorsortierung und Auslesearbeiten bei mobilen und stationären Anlagen
  • Auslesearbeiten an Lesestation in stationären Anlagen 2
  • Reinigungs-, Wartungsarbeiten sowie Störungsbeseitigung an mit Biostoffen verunreinigten Geräten und Anlagenteilen.

Mögliche Gefahren

  • Infektionen, Sensibilisierung und Allergien
  • lokale Entzündungen und Durchfall

Maßnahmen

Der Arbeitgeber hat eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen. Dazu hat er vor Aufnahme von Tätigkeiten ausreichende Informationen zu beschaffen, die eine Gefährdungsbeurteilung hinsichtlich biologischer Gefährdungen ermöglichen. Sie ist unabhängig von der Anzahl der Beschäftigten zu dokumentieren, mindestens jedes zweite Jahr zu über­prüfen und bei Bedarf zu aktualisieren. Er hat sich fachkundig beraten zu lassen, sofern er nicht selbst über die erforderlichen Kenntnisse verfügt. Für fachkundige Beratung stehen die Fachkraft für Arbeitssicherheit oder der Betriebsarzt zur Verfügung. Auf Grundlage der Bewertung der tätigkeitsbezogenen Gefährdungen sind die erforderlichen Schutzmaßnahmen festzulegen.

Technische Maßnahmen für stationäre Anlagen mit Lesestation

  • leicht zu reinigende Oberflächen für Fußböden
  • selbstschließende Türen zu den beheizbaren Sortierkabinen
  • Die Sortierstrecke in der Kabine ist so zu konzipieren, dass keine schwer zu reinigenden Räume, z. B. unter dem Sortierband, entstehen. Hohlräume sind zu verschließen.
  • Absaugung von belasteter Luft 3 und ausreichende Zufuhr von unbelasteter Luft. Als Wirksamkeitskontrolle für die Absaugung ist hierbei zu ermitteln, ob der Technische Kontrollwert (TKW, vgl. TRBA 214) eingehalten wird.
  • Minimierung der Fallhöhe an der Übergabestelle vom Steigband zum Sortierband
  • keine Fallhöhen innerhalb der Sortierkabine
  • Abdichtung der Abwurfschächte durch eine mechanisch oder pneumatisch betätigte Klappe
  • Abdichtung der Banddurchführungen in der Sortierkabine
  • Bandabsaugung bei den der Sortierkabine vorgeschalteten Förderbändern
  • leicht erreichbare Waschgelegenheiten mit fließendem Wasser, ggf. Duschen
  • vom Arbeitsplatz getrennte Umkleidemöglichkeiten
  • vom Arbeitsplatz getrennte Möglichkeiten zur Aufbewahrung und Einnahme der Pausenverpflegung

Organisatorische Maßnahmen

  • die Zahl der Beschäftigten, die biologischen Arbeitsstoffen ausgesetzt sind oder sein können, ist auf das für die Erfüllung der Arbeitsaufgabe notwendige Maß zu begrenzen
  • Erstellung einer Betriebsanweisung für den Umgang mit biologischen Arbeitsstoffen
  • Unterweisung der Beschäftigten anhand dieser Betriebsanweisung
  • Aufstellen eines Reinigungs- und Hygieneplans (vgl. TRBA 500, Anhang 1)
  • sofern Schädlinge wie Nagetiere, Tauben, Insekten und andere Tiere im Arbeitsbereich vorkommen, ist eine regelmäßige Schädlings­bekämpfung durchzuführen
  • Lagerbedingungen, die eine Vermehrung biologischer Arbeitsstoffe begünstigen, sind zu vermeiden, sofern dies betriebsbedingt möglich ist.
  • Einsatz von staubarmen Reinigungsmethoden (wie z. B. Nassreinigung oder Verwendung von Staubsaugern der Staubklasse H, ggf. mit Vorabscheider)
  • vor Pausen und nach Beendigung der Tätigkeit Hände waschen
  • milde Hautreinigungsmittel und die Möglichkeit zum hygienischen Trocknen der Hände, z. B. Einweghandtücher, zur Verfügung stellen
  • Straßenkleidung getrennt von Arbeitskleidung und Persönlicher Schutzausrüstung (PSA) aufbewahren
  • regelmäßige Reinigung und regelmäßiger Wechsel der Arbeitskleidung und der PSA
  • mikrobiell verunreinigte Kleidung darf nicht zu Hause gereinigt werden
  • keine Taschen oder Behältnisse für den persönlichen Bedarf in die Sortierkabine mitnehmen
  • Verbot von Essen, Trinken, Rauchen und Schnupfen am Arbeitsplatz
  • regelmäßige Reinigung der Arbeitsräume
  • Pausenräume nicht mit verschmutzter Arbeitskleidung betreten
  • Mittel zur Wundversorgung bereitstellen

Persönliche Schutzausrüstung

  • Handschutz: nitrilgetränkte Baumwollhandschuhe
  • Hautschutz gemäß Hautschutzplan
  • soweit erforderlich Atemschutzmaske mit Filter P2 und Ausatemventil

Arbeitsmedizinische Vorsorge

  • Die arbeitsmedizinische Vorsorge ist auf Grundlage der Gefährdungsbeurteilung zu organisieren. Hierzu erfolgt die betriebsärztliche Beratung.

Weitere Informationen

  • Biostoffverordnung (BioStoffV)
  • TRBA 500 „Grundlegende Maßnahmen bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen“
  • TRBA 214 „Abfallbehandlungsanlagen“
  • TRBA 400 „Handlungsanleitung zur Gefährdungsbeurteilung und für die Unterrichtung der Beschäftigten bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen“
  • DGUV Information 214-030 „Gesundheitsschutz, Hygiene und arbeitsmedizinische Vorsorge in Abfallbehandlungsanlagen“ (BG Verkehr)