Versicherungsschutz auf Dienstreisen

Der Begriff „Dienstreise“ ist wie viele andere Begriffe auch im Sozialgesetzbuch (SGB) VII nicht gesetzlich definiert. Der Unfallversicherungsschutz resultiert nach dem Wortlaut des Sozialgesetzbuches lediglich aus dem Beschäftigungsverhältnis und dem rechtlich wesentlichen Zusammenhang einzelner Tätigkeiten dazu.

Was ist zum Versicherungsschutz zu beachten?

Da die Dienstreise nur einige Stunden, aber auch Tage, Wochen oder sogar Monate dauern kann, enthält sie gleichzeitig auch viele private Verrichtungen. Nicht der komplette auswärtige Aufenthalt kann daher pauschal unter Versicherungsschutz stehen.

Welche Aktivitäten sind versichert und welche nicht?

Zu unterscheiden ist zwischen Betätigungen, die mit der betrieblichen Tätigkeit in einem inneren Zusammenhang stehen und deshalb versichert sind (z. B. An-/Abreise zum Kundengespräch einschließlich Ein-/Auschecken im Hotel, Kundengespräch selbst, Seminar-/Messebesuche) und solchen Verrichtungen, bei denen Beschäftigte sich außerhalb einer solchen inneren Beziehung zum Unfallunternehmen befinden (z. B. Nahrungsaufnahme, Körperpflege, Schlafen, Freizeitgestaltung); diese private Sphäre ist nicht versichert.

Was ist bei Dienstreisen ins Ausland zu beachten?

Hinweise zum Versicherungsschutz im Ausland finden Sie mit zahlreichen weiterführenden Links unter Mitgliedschaft und Beitrag.

Versicherungsschutz im Ausland

Was ist noch zu beachten?

Unabhängig davon, ob es sich um eine eintägige oder eine mehrtägige Dienst- oder Geschäftsreise im Inland oder im Ausland handelt, gilt folgendes:

Beförderungsmittel

Versicherte sind in der Wahl des Beförderungsmittels (z. B. PKW, Bus, Bahn, Flugzeug) insoweit völlig frei als diese keinerlei Einfluss auf den Unfallversicherungsschutz hat. Unter Unfallversicherungsschutz steht demnach auch die Fahrt im eigenen PKW, selbst wenn der Arbeitgeber nur die Kosten für eine Bahnfahrkarte ersetzt. Unfallversicherungsschutz besteht für alle Unfälle, die sich aus der Zurücklegung des Weges ergeben. Der Versicherungsschutz entfällt allerdings, wenn aus persönlichen Gründen eine nicht notwendige Strecke gewählt wird (Umweg, Abweg), oder der Weg aus persönlichen Gründen unterbrochen wird (Einkauf, Besuch, Gaststättenaufenthalt).

Übernachtungsmöglichkeit

Als Übernachtungsstätten kommen außer Hotels und Pensionen auch Privatquartiere in Betracht. Die Übernachtung muss nicht unbedingt in dem Ort erfolgen, in dem das Dienstgeschäft wahrgenommen wird, denn insbesondere bei kleineren Gemeinden oder bei ausgebuchten Messestädten könnte eine solch starre Grenze nicht eingehalten werden. Unter Umständen steht auch die Übernachtung bei Verwandten oder Freunden unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Bei dieser Fallgestaltung bedarf es jedoch einer sorgfältigen Prüfung, ob der gewählte Übernachtungsort noch in einem inneren Zusammenhang mit der Dienstreise steht oder ob hier nicht überwiegend private Gründe maßgeblich waren.

Essen und Trinken

Auch die Wege zur Nahrungsaufnahme während einer Dienstreise stehen in den meisten Fällen unter Unfallversicherungsschutz. Dabei kommt es nicht darauf an, ob auch im Hotel eine Essensmöglichkeit besteht oder nicht. Beschäftigte haben hier – ebenso wie am Heimatort – eine gewisse Auswahl. Wird jedoch ein Lokal in allzu großer Entfernung von der Unterkunft bzw. der Dienststätte aufgesucht, ist zu prüfen, ob für die Wahl persönliche Gründe überwiegen. Der Versicherungsschutz beginnt bzw. endet mit dem Durchschreiten der Außentür der Gaststätte und besteht grundsätzlich nicht während des Aufenthalts im Lokal. Auch das Essen und Trinken selbst sind in der Regel unversichert.

Unversicherte Tätigkeiten

Zu den Betätigungen, die der privaten, unversicherten Sphäre zuzurechnen sind, gehören z. B. eine Stadtbesichtigung, Museumsbesuche, Baraufenthalte, private Besuche bei Verwandten oder Freunden, Spaziergänge in der Freizeit, aber auch der Aufenthalt im Hotelzimmer einschließlich der Körperhygiene, des Schlafens/Entspannens usw.
Hierbei ist jedoch eine Besonderheit zu beachten: Aufgrund eines dienstlich bedingten Aufenthalts an einem fremden Ort sind Versicherte möglicherweise anderen (vor allem unbekannten) Gefahren ausgesetzt als zu Hause. Die Rechtsprechung erkennt daher für (unvermeidbare) persönliche Verrichtungen am fremden Aufenthaltsort den inneren Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit an, wenn Beschäftigte dabei anderen Gefahren erliegen als denen der gewohnten Umgebung. Die Tatsache, dass Versicherte infolge der Dienstreise in diesen fremden Gefahrenbereich gekommen sind, wird hier als entscheidend für die Annahme des Unfallversicherungsschutzes angesehen; dadurch treten die privaten Umstände in den Hintergrund.
Der Unfallversicherungsschutz wurde beispielsweise von der Rechtsprechung bei folgenden Ereignissen bejaht: Sturz aus dem Fenster des Hotelzimmers infolge Hotelbrand, Verletzung an schadhaftem Waschbecken im Hotelzimmer.

Spezielle Gefahrensituationen

Führt die Dienstreise ins Ausland, und sind Versicherte dort infolge der beruflichen Tätigkeit besonderen Gefahren ausgesetzt (z. B. Erdbeben, Kriegsereignisse, politische Ausschreitungen, Terroranschläge o. ä.), denen sie am Heimatort in der üblichen privaten Umgebung nicht ausgeliefert gewesen wären, so erstreckt sich der Unfallversicherungsschutz auch auf diesen speziellen Gefahrenbereich. Auch durch beruflichen Kontakt bedingte besondere Gefahren durch Infektionskrankheiten in bestimmten Regionen (z. B. Hepatitis, SARS) können versichert sein.

Welche Auswirkungen haben etwaige Terminverlegungen auf den Versicherungsschutz?

Wird eine Dienstreise aus privaten Gründen erheblich vorverlegt oder die Rückreise verspätet angetreten, so kann dies den Unfallversicherungsschutz für die An- bzw. Heimreise beseitigen. Das Bundessozialgericht hat beispielsweise die Vorverlegung einer Dienstreise vom Ruhrgebiet nach München um 4 Tage nicht mehr als versicherte Anreise angesehen. Wird hingegen die Reisezeit aus internen, firmeneigenen Kostengründen um einen Tag vorgezogen oder verlängert, bleibt der Unfallversicherungsschutz in der Regel bestehen. Würde bei einer Dienstreise von Donnerstag bis einschließlich Freitag der Rückflug erst für den Sonntag gebucht, da die Flugkosten dann um die Hälfte günstiger sind, bliebe der Unfallversicherungsschutz für die Rückreise erhalten, bestünde aber nicht für Freizeitaktivitäten am Reiseort.

Sind Teilnehmende an so genannten Motivations- oder Incentive-Reisen gesetzlich unfallversichert?

Incentive-Reisen sind „Belohnungsreisen“ für die gezeigte Arbeitsleistung von Beschäftigten (z. B. für das Erreichen bestimmter Verkaufszahlen) und stellen zugleich einen Ansporn für weitere Leistungssteigerungen bei der zukünftigen Tätigkeit dar, so dass die Möglichkeit der Teilnahme eine besondere Form der Entlohnung z. B. in Form einer Prämie oder eines Reisegutscheines ist. Im Gegensatz zu einer „echten Dienstreise“ stehen im Vordergrund solcher Reisen in der Regel die angebotenen Freizeit- und Unterhaltungsprogramme. Im Hinblick auf diese wesentlich private Freizeitgestaltung wird eine solche Reise nicht von der gesetzlichen Unfallversicherung erfasst, obwohl der Arbeitgeber die Reise organisiert und finanziert hat.

Gemischte Tätigkeit

Lassen sich dienstliche und private Verrichtungen nicht streng voneinander trennen, so spricht man von einer sogenannten „gemischten Tätigkeit“. Unfallversicherungsschutz für eine „gemischte Tätigkeit‘ besteht dann, wenn diese auch wesentlich, nicht zwingenderweise überwiegend, betrieblichen Interessen gedient hat. Entscheidend ist dabei die Frage, ob diese Tätigkeit hypothetisch auch ohne den privaten Zweck vorgenommen worden wäre, wenn der private Zweck entfallen wäre. Hierbei spielt weniger der zeitliche Aufwand der betrieblichen Tätigkeit im Verhältnis zur privaten Tätigkeit eine Rolle, sondern es kommt auf die Bedeutung der betrieblichen Verrichtung für das Unternehmen an. Betriebsnützliche Handlungen, die während einer privaten Reise nur nebenbei vorgenommen werden, begründen für diese Reise jedenfalls keinen Versicherungsschutz.

Rahmenprogramme von Veranstaltungen

Es reicht für das Vorliegen des Versicherungsschutzes bei Dienstreisen nicht aus, dass Aktivitäten im Veranstaltungsprogramm formal ausgewiesen sind und Beschäftigten für die Teilnahme daran keine Kosten entstehen. Zur Wertung, ob ein rechtlich wesentlicher Zusammenhang zur Beschäftigung angenommen werden kann, ist eine differenzierte Prüfung erforderlich. Diese beinhaltet ein Hinterfragen der konkreten Modalitäten und Zwecke von vermeintlichen Freizeitangeboten und von nur in Stichworten aufgeführten Programmpunkten. Auch auf die zeitliche Einbindung in das übrige offensichtlich dienstliche Programm ist zu achten. Eine Programmgestaltung mit zielgerichtetem konzeptionellem Hintergrund kann den für den UV-Schutz rechtlich wesentlichen betrieblichen Zusammenhang herstellen, während die Rechtsprechung bei Tagungsprogrammpunkten, die erkennbar und abgrenzbar vom übrigen Programm lediglich der Unterhaltung, Entspannung und Geselligkeit sowie der Auflockerung der Veranstaltung dienen, keinen Versicherungsschutz bejaht.

Achtung

Eine pauschale Aussage über das Bestehen des Versicherungsschutzes ist angesichts der vielen denkbaren Variationen nur eingeschränkt möglich. Daher sind jeweils die konkreten Umstände des Einzelfalles unter Berücksichtigung der vorgegebenen Kriterien zu prüfen. Eine Prüfung des Versicherungsschutzes im Einzelfall – wie bei jeder anderen betrieblichen Tätigkeit auch – bleibt immer vorbehalten, d. h. bei Meldung einer Verletzung prüft die zuständige Regionaldirektion dann, ob ein Arbeitsunfall vorliegt.

Die zuständige Regionaldirektion finden

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